Von Sankt Beat

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Weit nach Westen zu am Rande des Ozeans liegt Irland. Dort wuchs, von adligen Eltern gehören, ein Jüngling heran, Suetonius geheissen. Den trieb seine Frönmigkeit, dass er seine prächtigen Gewänder und alle Zier und Schmuck von sich tat. Er zog ein härenes Hemd an und wanderte nach Asien, wo in der grossen Stadt Antiochia der Apostel Petrus den Glauben verkündete. Dort empfing er die Taufe auf den Namen Beatus. Er blieb bei dem Apostel als sein Jünger und kam denn auch mit ihm nach Rom. Hier wurde er im vierzigsten Jahre seines Lebens zum Priester geweiht, und ausgesandt nach dem Lande Helvetien, dass er den Heiden dort das Wort Gottes verkünde. Und seine Rede erleuchtete den Menschen Seele und Sinn. Doch fiel es Beat auf die Seele, ob es nicht gut wäre, dass er das Predigen sein liesse und andern Gottesmännern auferlegte. Er selbst wollte von allen Menschen abgesondert und aller Dinge ledig, Gott allein in der Stille dienen. Er nahm seinen Stab und zog der Aare nach bergwärts, den Thunersee hinauf, bis er gen Unterseen kam. Als er dort das Volk eine Weile unterwiesen, fragte er bei Schiffsleuten, wo ein einsamer Ort in dieser Gegend zu finden wäre. Da wiesen sie ihm eine Einöde. Jenseits des Sees stieg eine Fluh in die Luft, den Felsenkopf gegen den Wind von Mittag gekehrt. Und in der Wand war ein Riss. Darin läge ein Drache verborgen, ein grauser Wurm. Der schadete dem Vieh und brachte dem Volk grosse Not. Beatus sprach: «Die Erde ist Gottes und alles, was darinnen ist. Im Namen des Herrn des Himmels und der Erde werde ich den Drachen vertreiben! » Und er bat, dass man ihn und seinen Gefährten Justus an diesen Berg führe.

‏Da forderte der Schiffmann den Fährlohn, aber Beatus hatte in seiner Armut weder etwas zu geben noch zu versprechen; denn er hatte nichts als das schlechte Kleid auf seinem Leib und das heilige Buch, daraus er Gottes Worte verkündete. Dies Buch wollte er dem Schiffmann geben wenn er ihn übersetze. Der aber erbarmte sich seiner und wollte nichts nehmen, sondern führte ihn ohne Lohn über den See. Aber als sie hinauskamen aufs Wasser, da erhob sich plötzlich ein Sturm, und ein heftiger Wind. Beatus aber stand aufrecht im Boot und hob die Hand. Himmel und See wurden auf der Stelle ruhig. Da sprachen die Schiffleute untereinander: «Dieser Mann muss ein rechter Knecht Gottes sein, dass ihm auch die Gewässer und des Windes Gewalt weichen.»

‏So kam Beat mit seinem treuen Gesellen an das andere Ufer und hiess die Schiffer wieder heimfahren. Dann stiegen die Gottesmänner auf den Berg und fanden die Höhle, darin der Drache lag. Wie sie das Untier und den feuerschnaubenden Rachen mit den grossen scharfen Zähnen, der gifttriefenden Zunge, die krummen, starken Klauen, den langen, geringelten Stachelschwanz erblickten, da erschraken sie so, dass sie kein Glied mehr rühren konnten. Aber Beatus kam der Mut zurück. «Christus ist mein Helfer in aller Not», sprach er zu sich, «ich will den Feind verachten, dann kann ich nimmer zuschanden werden!» Er machte das Zeichen des Kreuzes über den Wurm und gebot ihm aus seinem Loch zu weichen. Da hob sich der Drache fauchend und heulend, flog an der Wand hinauf und schlug in seiner Wut mit solcher Wucht mit seinem Schweife an die Fluh, dass zum ewigen Wahrzeichen das Abbild des Drachens darin zurückblieb. Dann fuhr er durch die Luft davon und zog in eine andere Einöde.

‏Beatus aber räumte die Höhle aus, bereitete sie zu seiner Klause. Seines Lebens Notdurft gewann er durch seiner Hände Arbeit; er knüpfte den Fischern Netze, flocht ihnen Reusen und Körbe aus Weiden und Binsen. Sie brachten ihm Brot und Fisch. Ein harter Laden war sein Bett, ein Stein sein Stuhl. Von seiner Höhle aus wanderte Beatus seeauf, seeab und verkündete Gottes Wort. Mit dem Wasser des Baches, der aus dem Drachenloch floss, taufte er die Heiden.

 

Aus: P. Keckeis, M. Waibel, Sagen der Schweiz. Bern, Zürich 1986.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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