Früher war beim Martinsmatthügel eine Obstwiese, auf der Kirschen in Hülle und Fülle wuchsen. Nirgends waren sie so saftig, gesund und zahlreich wie dort.
Man erzählte sich, dass ein Baumgeist über die Obstbäume wachte. Niemand wagte es, heimlich von den Früchten zu naschen oder gar einen der Bäume zu fällen.
Doch die Zeit verging, der alte Bauer, der die Bäume gepflegt hatte, starb und der besondere Obstgarten ging an einen jungen Bauern über. Der war übermütig, ging gerne auf die Jagd, spielte und trank viel und lachte über die alte Sage vom Baumgeist. «Mal sehen, ob der Baumgeist mächtiger ist, als ich!», rief er, griff zur Säge und fällte den schönsten Kirschbaum. Aus dem Holz liess er sich ein Bett zimmern, legte sich hinein und lachte über den Aberglauben der Alten.
Doch schon bald darauf konnte der Bauer nicht mehr schlafen, er wurde schwächer, lag bald krank im Bett und konnte kaum noch aufstehen.
Auch die Bäume im Obstgarten wurden krank. Erst wollten sie nicht recht blühen und dann trugen sie kaum noch Früchte. Bald starb ein Baum nach dem anderen ab, bis nur kahle Bäume auf der Wiese standen.
Im Winter fiel ein Baum nach dem anderen um und als der letzte krachend in den Schnee sank, hörte man ein Seufzen über dem Baumgarten, dann war es still.
Drei Tage später erkrankte der übermütige Bauer an einem Fieber, an dem er bald darauf starb.
Im Frühjahr übernahm ein anderer Bauer das Land auf dem Martinsmatthügel, pflanzte neue Bäume und pflegte sie, so gut er konnte. Aber der Baumgarten wurde nicht mehr so schön und prächtig wie früher, denn der Baumgeist hatte die Gegend verlassen.
«Papperlapapp», meinen die einen, «das hat doch nichts mit einem Baumgeist zu tun.». Andere aber erzählen die Geschichte weiter und sagen: «Wer weiss?»
Fassung Djamila Jaenike, nach: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939, auf www.maerchenstiftung.ch