Die blutenden Knochen (Nachtrag)

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Auf dem Rodontboden am Gotthard hat einst ein Säumer aus dem Kanton Tessin seinen Kameraden erschlagen und verlochet. Es sind aber eine Masse Jahre seither. Später passierte der Tessiner mit seinem Schlitten wieder einmal die Stelle der Mordtat und dachte, er wolle die Gebeine des Erschlagenen doch auf geweihte Erde verbringen. Er grub ihn also aus, tat ihn in einen Sack und lud ihn auf den Rücken. Aber wie er ihn auf den Rücken nahm, fing es an, aus dem Sack zu bluten, und es blutete auch noch, als er im Dorfe Eriels anlangte. Wie es weiter gegangen, weiss ich nicht mehr.

Marianna Schmid, 77 Jahre alt, Hospental

Mit einem Axthieb auf den Kopf erschlug ein Schattdorfer Bursche seinen Nebenbuhler und flüchtete sich in die Fremde. Den gespaltenen Schädel bewahrte man in einer Mauernische ob dem Kirchenportal auf. Nach vielen Jahren kehrte der Mörder in sein Heimatdorf zurück. Niemand kannte ihn mehr. Als er zur Kirche ging, fiel der verhängnisvolle Schädel aus der Nische herunter, rollte ihm an sein Schienbein und fing nach dem Anpralle sogleich an zu bluten. Das erschütterte den Missetäter dermassen, dass er hinging und sich selbst dem Gerichte stellte.

Fr. Zgraggen-Scheiber, 76 Jahre alt, Spillmatt
 

Lustig vor sich herpfeifend marschierte ein Alpler von Rindermatt her durch die Alp Wyssenboden, um nach Bürglen an die Kilbe zu gehen. Mit seinem Gstiftsstecken stupfte er von Zeit zu Zeit in den Boden, bis einmal zu seinem nicht geringen Erstaunen am Stift ein Totenschädel hängen blieb, den er nicht mehr los werden sollte, bis er zu Bürglen beim Gasthaus zum Tellen noch einmal einen Versuch machte, ihn wegzuschleudern. Und jetzt auf einmal gelang es, und der Schädel rollte gerade an die Füsse eines fremden Herrn, der die Gasse heraufkam, und fing nun sofort an zu bluten. Diese Erscheinung erregte Aufsehen, der Herr wurde angehalten und gestand, der N.N. von Bürglen zu sein, der in seinen jungen Jahren einen ermordet und im Wyssenboden verlochet habe, dann in die Fremde geflüchtet und jetzt nach 30 Jahren wieder zurückgekehrt sei. Seiner Strafe entging er nicht. – »Nach 30 Jahren kommt jedes Verbrechen an den Tag«, sagen die Alten.

Jos. Gisler, 61 Jahre alt, Altdorf

Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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