Weinen kündet Tod an

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

1. Mein Vater erzählte, er habe im Felliberg zu Gurtnellen gedient. Da hörte er eines Abends, als er im Häuschen sass, beim Troge oben am Waldrande weinen. Und dann kam es zum Häuschen herunter; der Vater hörte auf dem gefrorenen Boden jeden Schritt. Es kam bis auf die Steinplatte vor dem Hause, stellte dort den Stock an die Hauswand, und – alles war wieder still. Der Vater ging hinaus und fand niemanden. Die ganze Nacht war er deswegen beunruhigt, in Ängsten. Am folgenden Tage brachte man ihm Bericht, dass seine Meisterin gestorben sei.

Franz Inderkum, Schattdorf

2. Auf dem Riedboden im vordern Wängi hörten sie's längere Zeit hindurch weinen. Da fiel des Besitzers Bruder über die Fluh zutode, und seitdem wurde das Weinen nicht mehr gehört.

Barbara Gisler, 90 J. alt, Spiringen; Frau Arnold-Gisler, Bürglen

3. Mit einigen Jungen spielte ich eines Tages in der Schellenen. (M'r hennd da g'sywlet uder Sywli 'tribä, wië-mä susch äu säit.) Da hörte ich auf einmal in der Höhe unterhalb des Balmfad laut weinen. Ich machte die Kameraden aufmerksam, aber diese hörten nichts. Im folgenden Herbst standen wir wieder an demselben Orte beisammen. Da fiel ein junger Bursche, Michael Nell, genannt der Tobel-Michi 1, der im Balmfad Wildheu mähte, über den Felsen hinunter zu Tode. Männer kamen, die Leiche zu bergen, mit ihnen auch die Mutter des Jünglings. Am Fusse des Felsens kniete die Mutter bei der Leiche ihres Sohnes nieder und weinte laut.

Peter Gamma, 80 J. alt

4. Wenn sie im Wängi am Kinzigpass von Alp fuhren, hörten sie es allemal weinen. Eines Herbsts am letzten Abend rief der S enn am Schlusse des Betrufs zum Abschied: »Hinecht z'letscht Mal,« und es antwortete: »Nei, nu einisch.« Und wirklich sennete er nochmals einen Sommer im Wängi, aber dann starb er.

Oder: Eine Stimme antwortete ihm: »Ja, und dü und nu zwei andiri chemet nimmä.« Und wirklich starben diese drei Personen im folgenden Winter.

Kath. Gisler-Gisler, 75 J. alt, u.a.

Fußnoten 1 
Der Todfall des Michael Nell an jener Stelle und der Umstand, dass die Mutter dort bei der Leiche weinte, sind Tatsachen.

Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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