Der Mann ohne Kopf

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

 1. Der volle Mond und seine fleissigen Gesellen, die Sterne, beleuchteten hell die einsame, unheimelige Gegend, als Josef Huber, ein herzhafter Erstfelder, auf der Landstrasse von Schattdorf her nach Hause wanderte. Etwas unterhalb der Halten sah er auf einmal durch den Reistzug hinauf einen Bekannten ohne Kopf dahineilen und dann im Gebüsch verschwinden. Am Tage darauf fragte er den Betreffenden, was er dort gesucht habe. Der aber wollte nichts wissen und wies nach, dass er daheim geblieben sei. Acht Tage später wurde das Rätsel gelöst. Hubers Freund verunglückte beim Holzen, und als Leiche brachte man ihn durch jenen Reistzug herunter.

2. Gegen den Rosstock in der düstern Leutschachalp ob Amsteg bewegte sich eines schönen Wintermorgens eine Kolonne rüstiger Männer von Intschi, im Gänsemarsch langsam aber ausgiebig bergan steigend, um aufgetristetes Wildheu zu fassen. Zwischen Chäserli und Heitersbiel kommt ihnen ein Mann ohne Kopf entgegen, den sie nicht kennen. Dieser marschiert am Ersten der Gruppe, Inderkum mit Namen, vorbei und verschwindet sofort, sodass der neugierig zurückschauende Inderkum ihn schon nicht mehr erspäht. Den Übrigen, die etwas zurückgeblieben, begegnete der Unbekannte überhaupt nicht. Im folgenden Sommer anno 1860 verunglückte Inderkum in jener Gegend, als er zwei Neesli in den Rosstock führte, und fiel über eine schreckliche Fluh zutode und zerschmetterte in kleine Stücke; den Kopf fanden sie nicht einmal.

Frz. Jos. und Jos. Zurfluh, Intschi

3. Peter Gamma ab der Geissplatte zu Geschenen, ein über 80 Jahre zählender Greis, erzählt als sein eigenes Erlebnis die folgende merkwürdige Begebenheit:

Ich war noch ein Schulbube, als ich eines Tages gegen Abfrutt zuwanderte. Etwas unterhalb des grossen Kreuzes daselbst begegnete mir mein »Chrisägetti« (Firmpate), doch sah ich zu meiner grossen Verwunderung seinen Kopf nicht. Nachdem ich schweigend an ihm vorübergegangen und einige Schritte entfernt war, schaute ich nochmals nach ihm zurück. Es hatte nun den Anschein, als hätte er seinen Tschoopen über den Kopf gezogen, und ich dachte bei mir: »Der hat sich einen Spass erlauben und dir den Schrecken einjagen wollen.« Am Abend hielt ich ihm alles vor; er aber leugnete steif und fest und nannte mich einen Narren. Einen Monat später sprang dann mein Pate bei Abfrutt über eine schmale Stelle der Gescheneralp-Reuss, wo wir Knaben gar oft in Scherz und Spiel hinübersetzten, glitschte jedoch auf der Felsplatte aus, die sich teilweise über den wilden Bach wölbt, und fiel in das tobende Wasser. Etwas unterhalb des grossen Kreuzes wurde die Leiche herausgezogen, doch fehlte ihr das Haupt; es war an den riesigen Steinen des jähen Wildbaches zerschmettert und abgerissen worden.

Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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