Entführtes Kind zu Unterschächen

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Herger Tonis von Spiringen alpeten in der Alp Brunni. Eines Tages gab der Vater dem etwa fünfjährigen Micheli Milch; aber die Portion war dem Kleinen zu schmal bemessen; er wurde bös und lief zur Hütte hinaus. Einige Zeit spielte er mit Kameraden, dann kam er diesen, man weiss nicht wie, aus den Augen. Drei Tage lang suchten ihn die Eltern und Nachbarn und versprachen endlich eine »Tafäla« in die Wallfahrtskapelle der Schmerzhaften Mutter im Getschwyler. Sie liessen ihm läuten. Am dritten Tage half auch sein Taufpate suchen. Der fand ihn jenseits des wilden Brunni-Schächens unter einem Tännchen in einer Waldlichtung, an einer Stelle, die sie beim Suchen schon mehr als einmal passiert hatten. »Aber, wië bisch dü etz da ubärä chu?« fragte der Pate. »A grossä, schwarzä Ma isch chu«, sagte das Büebli »und het mich bi der Hand g'nu und isch mit-m'r gäg'm Bach appäg'gangä, und darnah am Bach unnä isch wider ä scheeni Froüw chu und het mich dem Ma g'nu und het mich uber dä Ronä-n-ubärä (über einen Baumstrunk, der über den Bach gelegt war) uff das Plätzli da g'fiëhrt«. »Jä, und was hesch dü etz da gmacht?« wurde das Büebli weiter examiniert. »Ich ha mit Schnäggähüslänä und Steindlänä g'fätterlet. Ich han- ech scho g'seh süechä, aber ich ha nytt chenna machä.« Ob er Hunger habe. »Nei, dië wyss Froüw het-m'r Brot b'bracht.«

Andere Erzähler sagen, ein weisser Mann habe ihn über den Bach getragen und ihm Brot gebracht; andere wollen vom Brot nichts wissen.

Der Bub ist aufgewachsen und hiess lange nur der verlorene Micheli oder der »Pfahr«, weil man von ihm, wie von allen entführten Kindern, glaubte, er werde Geistlicher werden. Er würde wohl den Spitznamen jetzt noch haben, wenn er nicht ausserhalb des Kantons, in Nidwalden, verheiratet wäre.

Erzählt unter anderem auch von mehreren Nachbarn jener Familie Herger.

Kath. Kempf, 90 J. alt; K. Gisler u.a.

Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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