Andere Entrückungen und Entführungen

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

1. »Meines Bruders Töchterlein«, so erzählt mir ein Mann von Attinghausen, »hatte sich beim Sammeln von Heidelbeeren zwischen Herrenzwy und Regliberg verirrt und übernachtete hart an einem Abgrund, wo es erschöpft einschlief. Doch am folgenden Morgen wurde es, wohl eine gute halbe Stunde von jenem Punkt, wo es eingeschlafen, nämlich in Kaspar Furrers Langacher, im Freien von der Frau Furrer angetroffen und geweckt. Wie es dorthin gekommen, weiss kein Mensch. Aber sy tüet's ä g'wissni Wahrheit.«

Anton Brücker, 70 J. alt.

2. Ein Älpler von Seelisberg marschierte seiner Alp zu. Er war furchtbar müde und faul und hätte gern ein Schläfchen gemacht. Als er den Eingang zur Alp erreicht hatte, sah er einen Schläfer neben dem Türli auf dem Boden liegen. Er meinte, es sei der Knecht, und sagte zu ihm: »Stand üff und gang afigs, i will äu ä chly anäliggä-n- und schlafä; i bi furchtbar fülä.« Jener stand auf und ging von dannen; Kempf aber, so hiess unser Seelisberger, legte sich und schlief ein. Doch wie erstaunte er, als er am nächsten Morgen auf der Hohen Fluh unterhalb Beroldingen, mehr als eine Stunde von seinem Ziel entfernt, erwachte.

Das hat er selber meinem Gewährsmann erzählt.

Hans Aschwanden, 50 J. alt, Isental

3. Wenn allemal ein gewisser Isentaler nachts über den Seikberg-Steg bei den sogenannten 3 Schützen ging oder bim verhyttä Stei, wie es da auch heisst, wandelte so ein Gespenst mit herabhängendem Schlampihut vor ihm her. Kopf konnte er keinen an ihm sehen. Als einst Nachtbuben in der Nähe des Steges über dieses Gespenst foppten und spotteten (einige hatten etwas Öl am Hut), erblickten sie plötzlich ob einer Tanne so äs Häuri oder Wäuti, ohne recht erkennbaren Kopf, aber mit einer grossen, runden, glühenden Glasscheibe auf der Stirne; sie wollten schauen, was es sei, aber im Augenblick waren sie (ihrer sieben oder acht) in drei Parteien nach drei Richtungen auseinander gesprengt, sie wussten nicht wo und wie. Erst am Morgen beim Aveläuten trafen sie einander wieder beim Schluchenkreuz. Einige hatten die Nägel aus den Schuhen geschlagen, andere hatten räudige Mäuler infolge des Schreckens.

Frz. Jos. Zwyssig, Isental, 70 J. alt, der auch dabei gewesen und es mir erzählt hat.

Oder: Das Gespenst bestand aus zwei feurigen Augen.

Alois Herger, 40 J. alt.

4. Mit einem Isentaler, der z'alten Wochen, d.h. Mittwoch in der Fronfasten, z'Stubeten ging, fuhr es aus der Taltiefe bis in das hochgelegene, schwer zugängliche Hornloch hinauf, und erst am Morgen, als es in der St. Jakobskapelle im Grosstal zu beten läutete, fand er sich zurecht und konnte wieder zutal hinabsteigen.

Hans Aschwanden

5. Ein Seelisberger hatte den Lehenzins für eine Kuh bezahlt und war nun, da die Dunkelheit schon hereingebrochen, auf der Heimkehr gegen Geissweg. In der Nähe des alten Häuschens beim Chalcherli hob es ihn plötzlich in die Höhe und fuhr mit ihm hoch durch die Lüfte bis beinahe vor sein eigenes Haus, und das sind doch mehrere hundert Meter. Als er daheim in die Stube trat, da staunten ihn alle an und riefen ihm entgegen: »Jä, was isch etz äu mit diër, dass dü hinecht halbbluttä heichunnsch?« Jetzt erst beschaute er sich, und wirklich, es hatte ihm die Kleider fast ganz abgerissen. »So isch m'r etz nu nië g'gangä«, meinte er kopfschüttelnd und erzählte sein Erlebnis.

Jos. Maria Aschwanden, 60 J. alt.

Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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