Der Hausgeist in Felliberg

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Meine Voreltern besassen den obern Felliberg in der Gemeinde Gurtnellen. Sie schlissen das alte Haus daselbst ab und bauten ein neues. Da sah der Zimmermann auf dem alten Hausplatz öfters einen herumirren und hörte ihn flennen. Er dachte sofort, das sei eine arme Seele, und redete sie an. Sie bekannte sich als solche und sagte, wenn sie nur nicht an Wind und Wetter bleiben müsse. Er sagte das den Besitzern des Hauses. Diese sagten, wenn sie niemandem etwas in den Weg lege, so könne sie in das neue Haus kommen. Kaum gesagt, fühlte der Zimmermann, der in der neuen Haustüre stand und dabei seine rechte Hand an einen Türpfosten stemmte, etwas unter seinem rechten Arm in das neue Haus hinein schlüpfen (witschä).

Die arme Seele blieb nun im neuen Hause im Felliberg sehr lange Zeit. Eines Tages im Sommer waren meine Eltern und des Vaters ältere Geschwister auf dem Felde an der Arbeit, während die jüngern Geschwister im Hause verblieben und eines von ihnen das kleinste gaumte und wiegte. Auf einmal hörten die Kinder jemand in der Kammer über ihnen; der ging herum, öffnete dann die Kammertüre, kam durch den Kammergang, über die Kammerstiege herunter. Die neugierigen Kinder öffneten die Stubentüre und schauten hinaus. Sie sahen einen grossen Mann mit verbrannten Hosen. Der ging durch den Hausgang. Gegen das Ende desselben stand auf einem Tisch eine Mutte voll Schotte. Der Unbekannte ergriff den angehängten Napf und führte ihn, mit Schotte gefüllt, zum Munde und tat, als ob er trinken würde. In Wirklichkeit »schlätterte« die Schotte wieder in die Mutte zurück, dass die Kinder lachen mussten. Dann ging der Rätselhafte zur Haustüre hinaus, die Kinder ihm nach, fanden aber keine Spur von ihm; er war rein verschwunden.

Viele Jahre später geschah es, dass mein älterer Bruder von unserm Bodenheim zu Meitschligen gegen die Alp Fellenen ging, um dort nach unsern Schafen zu sehen. Als er in unsern Felliberg hinauf kam, sah er einen schneeweiss gekleideten Mann daselbst aus dem Berghäuschen herauskommen; der ging ob dem Haus durch, hinter dem Gaden den Weg zu den Speichern hinunter, wo die weisse Gestalt dann verschwand. Das war jene arme Seele, die vom alten in das neue Haus hinübergezogen und nun erlöst war und seitdem nie mehr gespürt wurde.

Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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