Wemmer flüechä-n-uder bättä?

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Kathry und Johannä, Zwillinge, meiner Schwester Töchter im Wängi, ob Bürglen, damals so Schulmeitli, kamen eines Abends vom Steinboden her mit Süffi und Milch gegen das Wängi und waren an Händen und Rücken beladen. Auf einmal riss dem Kathry das »Greisig« am Rücken, das Bräntli stürzte zu Boden, und die Milch zerrann nach allen Seiten. »Wemmer bättä-n-uder flüeche?« rief es in der ersten Aufregung. »Bättä«, riet Johanni, »d'Müetter het gseit, wemmä Milch üssghyi, sä tieget die armä Seelä-n-uf eppis plangä und mä ell's treeschtä.« Da trösteten sie die armen Seelen und beteten: »Treescht Gott und ärlees Gott die armä Seelä, und gäbnä Gott die ewig Rüew und Säligkeit.« Zu Hause beteten sie nochmals 5 Vater Unser und Ave Maria. Während der folgenden Nacht hörte Johanni das Kathry lachen und fragte: »Was hesch dü, dass dü so lachisch?« »Ich habe einen wunderschönen Traum gehabt«, gab Kathry zur Auskunft. »Es träumte mir, ich hätte eine arme Seele erlöst, und sie erschien mir in herrlicher Gestalt, ich kann nicht sagen wie schön! Das hat mich so gefreut, dass ich lachen musste.« Aber das Johanni sagte spöttisch: »Ä was! Der Traum ist ein Gauch, und wer's glaubt, ist es auch!« Als am nächsten Morgen die zwei Maitli vor das Haus hinaustraten, sahen sie ganz in der Nähe auf einem »Ambeisbiel« ein wunderliebliches, schneeweiss gekleidetes Kind sitzen. Dreimal winkte es ihnen freundlich lächelnd mit dem Händchen, sie sollten zu ihm kommen. Auf den dritten Wink näherten sie sich ihm, und es dankte ihnen, dass sie es erlöst. Schon 24 Jahr habe es sich in diesem Berggut aufgehalten und habe da Hitze und Kälte ertragen. Schon ihr Vater habe an der nämlichen Stelle zweimal Milch verschüttet, habe dabei aber geflucht und es nicht erlöst. »Schon an euerer Wiege bin ich gestanden und habe gewusst, dass ihr mich erlösen werdet, und habe auf diese Stunde planget. Ich will für euch beten und euch einen Sessel im Himmel bereit halten (grächä). Es soll euch immer gut gehen. Hättet ihr geflucht, statt zu beten, so hätte ich Gewalt bekommen, euch zu verfolgen und euch zu schaden.« Und noch etwas offenbarte ihnen die erlöste Seele, das aber die zwei Maitli nie verraten wollten, auch nicht dem bischöflichen Kommissar in Bürglen, der sie »b'schickte«. Sie sagten auch, sie hätten die arme Seele gekannt, dürften aber nicht sagen, wer es gewesen sei. Nachdem das Kind gesprochen, wurde es immer kleiner und kleiner (isch abgschwinä) und zerfloss an Ort und Stelle wie ein Nebelstreifchen in nichts. (Mündlich von der Tante der beiden Mädchen.)

Magdalena Bissig-Arnold, 80 Jahre alt, Altdorf

Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945,

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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