Der überzählige Teufel

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

a) Einige übermütige Nachtbuben verabredeten sich, das Gädemli auf dem Sädel oder, nach anderer Aussage, das Blyggerig-Gädemli in der Gemeinde Unterschächen, das am Rande eines steilen Abhanges gebaut ist, umzustürzen und den steilen Rain hinunter zu tröhlen. Nachts um 11–12 Uhr fanden sie sich am vereinbarten Platze ein und trafen da die letzten Beratungen. Zufällig schaute sich einer um, und es schien ihm, als ob ihrer mehr wären, als anfänglich zusammengekommen. Er zählte und merkte nun, dass wirklich neun statt bloss acht dastanden. Die andern, aufmerksam gemacht, zählten auch und kamen zum gleichen Ergebnis, und doch konnten sie nicht herausfinden, welcher der Überzählige sei. Das gefiel ihnen zwar nicht besonders gut, und einer meinte: »Büebä, mer wennd-is in acht nä, äs isch Einä z'vill!« Trotzdem machten sie sich auf den Weg zum Gädemli. Nahe dem Ziele schauten die vordersten, vom bösen Gewissen geplagt, nochmals zurück und zählten wieder ihrer neun statt acht, sahen aber auch, dass der letzte in der Reihe einen stattlichen Schwanz hinter sich herschleifte (oder Geissfüsse hatte). Jetzt stoben die Burschen nach allen Seiten auseinander.

K. Gisler, 75 Jahre alt, und a.

b) Vor einigen Jahrzehnten fassten drei berühmte Schächentaler Jäger den Entschluss, gemeinsam zur Weihnachtszeit in die entlegene Alp Fiseten auf die Jagd zu gehen. Am Abend, bevor sie die Reise antraten, gingen sie noch in das Wirtshaus und prahlten und plagierten da. Als die drei spät am Abend das Wirtshaus verliessen, schaute ihnen jemand heimlich nach und erblickte vier Männer, von denen der letzte einen mächtigen Schwanz hinter sich her zog. Die drei hatten aber kein Glück auf ihrer Jagd.

Frau Arnold-Gisler

c) Nachtbuben von Silenen kamen einst überein, das sogenannte Rossgädemli an der Strasse in der Schmidigen umzustürzen. Es waren ihrer acht, und sie machten sich sofort an die unheilvolle Arbeit. An der Kirchenuhr hatte es soeben die elfte Stunde geschlagen. Während sie da schafften und sperrzten, schaute zufällig einer von ihnen sich um und rief dann plötzlich: »Herrschaft hindärä, da sind ja nyn; miär sind doch blos ysertnä-n-acht gsy!« Ein zweiter zählte ebenfalls und fand auch neun Gesellen, von denen einer eine ganz besondere Kraft entwickelte. Sofort kam ihnen der ganz richtige Gedanke in den Sinn: »Da ist der lebendige Teufel bei uns«, und sie machten sich rasch und hübschli davon; jetzt waren ihrer nur mehr acht.

Ambros und Zacharias Zurfluh und a.

d) Zu Attinghausen in dem Mätteli ob der Burg hauste ehemals ein altes, übelmögiges Meitli mit dem Spitznamen »Chripfäli«. Sechs Nachtbuben erfrechten sich einst, nachts in sein Häuschen einzudringen und ihm die Decke, unter der es lag, wegzunehmen. Diese Decke zogen sie dann unter lautem Gelächter und Gejohle eine Zeit lang im Schmutz und Kot der Gasse herum und sangen oder lärmten dazu:

Vom Pontius zum Pilatus,
Bis zu d's Chripfälis Hüs.

Nachdem sie ihren Mut gekühlt, warfen die tollen Burschen die Decke wieder in das Häuschen hinein, stunden aber noch eine Zeit lang lachend und prahlend beieinander. Auf einmal fragte einer: »Jä, wiä mängä sim miär susch hinecht g'sy?« – »E, weisch dü etz das nitt? Säx simmer!« – »Jä, nänäi, ich zellä da ysertnä sibä.« – Und die andern schauten sich um und zählten ebenfalls sieben, und von diesen sieben erfreute sich der eine zweier Bocksfüsse. Da stoben sie nach allen Seiten auseinander, dass an diesem Abend keiner mehr dem andern zu Gesichte kam.

K. Zgraggen, 82 Jahre alt.

Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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