Der Teufel als Holzhacker

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

a) »Wenn ich allemal mit meinem Vater zu Sisikon beim Buggital mit unserm Schifflein vorbeifuhr«, so plaudert mir eine Person von Bauen am Urner See, »pflegte er folgende Geschichte zu erzählen: Hier hat vor Zeiten ein armes, aber braves Sisiker Mandli Holz gesammelt für seinen Bedarf. Nachdem es gestorben, hörten die Leute von Sisikon sehr oft, und zwar am lauterhellen Tage, Holz hacken im Buggital. Zuerst wussten sie nicht, was das sein möchte. Dann kam es einem in den Sinn, das sei sicher jenes arme Mandli, das habe gewiss Holz gefrevelt und müsse jetzt wandlen. Diese Vermutung, kaum ausgesprochen, verbreitete sich, verdichtete sich zur Gewissheit, es gab ein heilloses Geschwätz. Einst fuhren da einige Sisiker mit einem Pater Kapuziner vorbei, der nach Sisikon kommen wollte um zu predigen. Da liess sich der Holzhacker hören, und die Männer sagten spöttisch zu einander: »Aehä, mä g'hert-ä wieder bäckä!« Der Pater liess sich ihre Rede erklären und das Gerücht erzählen und stieg aus, um sich den Holzhacker anzusehen. Als er zurückkam, sagte er, es sei der lebendige Teufel gewesen, der habe die Leute zu verleumderischen Reden verführt und so in sein Garn jagen wollen. Von da an liess sich der Holzhacker nicht mehr hören, der Pater hatte ihm das Handwerk gelegt.«

Marie Ziegler, 60 Jahre alt.

b) Schon oft hatten die Pächtersleute auf Beroldingen in ihrem Wald »Einen« gehört Holz hacken. Sie glaubten, es sei ein Dieb, und stellten ihm fleissig nach. Trotz aller List, die sie anwandten, konnten sie ihn doch nie ertappen. Dass sie bald den einen, bald den andern Bürger von Seelisberg im Verdacht hatten, lässt sich denken. Da riefen sie einmal den Pfarrer von Seelisberg, den frommen Peter Furrer. Während sie ihm klagten, richtig, da liess sich der Holzdieb wieder hören, am lauteren hellen Tag, und sie sagten zu einander: »Aehä, mä g'heertä wieder einisch bäckä!« Der Pfarrer fragte: »Wollt ihr ihn sehen?« Und als sie bejahten, befahl er dem Pächter, ihm über die rechte Achsel zu schauen. Er tat es und bemerkte, dass der vermeintliche Holzdieb Hörner hatte. Der kluge Seelsorger versäumte nicht zu belehren: »Merket euch, so säet der Teufel Argwohn!«

Josef Maria Aschwanden, 60 Jahre alt.

»Das isch der Zwyfel gsy! – Das het mä-n-eisster gseit. Der Zwyfel isch der Tyfel.« – In Unterschächen wird die nämliche Historie erzählt in Bezug auf den Bannwart Herger: »Der Argwohn isch ä Schelm.«

K. Gisler, 75 Jahre alt.

c) In einem Wald drunten am Urnersee in der Gegend von Bauen hatte ein armes, mit Kindern reichgesegnetes Mandli vom Geschlechte Truttmann bisweilen dürres Holz zusammengelesen. Nachdem er gestorben, hörten die Leute, die in ihrem Schifflein bei jenem Walde vorbeifuhren, gar oft jemand darinnen Holz spalten. Sofort entstand das Gerücht: »Aehä, das isch der Trüttmä; der het da gwiss g'frävlet und müess ez wandlä!« Als einmal zufällig auch ein Kapuziner im Nachen mitfuhr, hörte man den Unbekannten wieder am Holz arbeiten, und die Schiffer sagten zu einander: »Aehä, är bäcket ämal wieder!« Der Pater fragte sie nach der Bedeutung ihrer Rede, und sie erzählten ihm alles. Da lachte er und sagte: »Der Trüttmä da, ja der isch scho lang im Himmel! – Wend-ärä g'seh, der wo da äso bäcket?« Das wäre ihnen schon recht, meinten sie. Und jetzt machte der Kapuziner, dass sie ihn zu sehen bekamen. Es war der Böse! Der hatte die Leute zum Argwohn und zur Verleumdung verführen wollen.

»So hennt-s'es alligs bi ys obä uff der Scheeni z'Wassä vor fifzg Jahrä verzellt«, fügt meine Erzählerin ihrer Geschichte hinzu.

Franziska Kruog, 70 Jahre alt.

Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945,

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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