Schlangenkönige

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Die Schlangen haben auch ihre Könige. Diese tragen auf ihrem Kopfe eine kammartige oder eine runde Krone. Die einen sind der Ansicht, es sei dieser Kopfschmuck ein fleischiger Auswuchs wie der Kamm des Hahns; die andern, und zwar die meisten, behaupten, sie bestehe aus dem besten Golde. Das sei wohl möglich, weil sie viel goldhaltigen Staub, Sand und Erde fressen, aus dem sie die Krone bilden können.

a) Eine im Kanton Glarus verheiratete alte Schächentalerin erzählte »firni gwissni Wahrchet«:

»Mein Mann und ich stiegen miteinander in die Alp Rychetli hinauf, um nach unserm Vieh zu schauen, das wir dorthin zu Lehen gegeben. Im Walde begegneten uns unheimlich viele 'Wirä', fast auf jedem Steine züngelte uns einer an, jeden Augenblick kreuzte einer unsern Weg, so dass wir fast nicht genug auf unsere Füsse schauen konnten. Da sahen wir auf einmal eine ordliche Strecke vor uns auf einem Felsstück einen schwarzen Klumpen und glaubten, es sei ein schwarzes Lämmchen. Doch schlugen wir, da weit und breit keine andern Schafe zu sehen waren, diesen Gedanken bald wieder aus dem Kopfe. In der Nähe angelangt, gewahrten wir mit Schrecken, dass es ein schwarzer, ungeheurer Wurä war, der sich im Kreise zusammengerollt hatte. Aus der Mitte des Kreises erhob er seinen gegen uns gerichteten Kopf, der so gross war wie der Kopf einer Katze; die schwarzen Augen, so gross wie Kirschen, funkelten unheimlich, und das Zünglein pendelte ohne Unterlass hin und her. Auf dem Kopfe glänzte eine goldene Krone, rund wie ein Beckli, aber nicht so hoch. Das war ohne Zweifel der König der vielen 'Wirä' dieser Gegend. In weitem Bogen umgingen wir ihn, immer war sein Kopf gegen uns gerichtet.«

Daniel Imholz, 50 Jahre alt, Unterschächen

b) Als einst der junge Dubacher Fränzi von Häggrigen auf Schy, einem Berggut hoch ob Wyler, die Ziegen gaumte, erblickte er auf einmal eine Schlange am Boden, zusammengerollt in einen runden Knäuel, der wie ein Hutgüpfi anzusehen war. Neben ihr lag ein goldenes Krönchen. Die Schlange hob Kopf und Hals in die Höhe und züngelte und drehte, als er im Kreise um sie herum ging, ihren Kopf beständig nach ihm und schaute ihn unverwandt an.

Karl Walker, Schreiner, Gurtnellen

c) Unter einem Stein zu Häggrigen hausten eine Anzahl Würm, junge und alte, darunter einer so gross wie ein Rechenstiel, der hatte eine goldene Krone. Wenn er allemal auf den Stein kam und sich sonnete, konnte man sich gefasst machen, dass es »urigs Wätter« gab. Einst stupften einige halbwüchsige Buben mit einem Stock unter den Stein. Aber da pfiff es! und ein Schlangenknäuel schnellte heraus. Wären die Buben nicht bergaufwärts gelaufen, so wären sie verloren gewesen.

Barbara Dubacher, 85 Jahre alt, Gurtnellen

d) Ja, die Wuräkönige haben eine goldene Krone auf dem Kopfe; die andern Würm müssen ihm folgen. Wenn er seine Krone verliert, töten ihn die übrigen Würm. Wenn man an einem Bergabhang einem Wurä entfliehen will, soll man bergan laufen, bergan mag er nicht; oder seitwärts, da kommt er ins Rollen. Abwärts aber schiessen die Würm mit furchtbarer Kraft. Wenn sie aus ihren Schlupfwinkeln kommen und sich sonnen, gibt es schlechtes Wetter.

Maria Anna Schmid, 78 Jahre alt, Hospental

Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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