Das wilde Mandli und die geliehene Kuh

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Ab der Ruoggiger Flueh kam einst ein wildes Mandli und wünschte eine Lehkuh von einem Unterschächener Bauer. Der traute ihm nicht wohl und vertröstete ihn auf den folgenden Tag. Er wolle unterdessen mit der Frau reden. Diese meinte, er solle ihm das schlechteste Chuehli geben, es sei ja nicht viel an ihm verloren. Als nun das Wildmandli am folgenden Tage das Chüehli bekam, ging es mit ihm durch die jähe Flueh hinauf, wo kein Mensch und kein Tier hinaufzuklimmen imstande wäre. Oben auf der Flueh hat es Höhlen, man könnte Kirchen hineinstellen. Es war schon spät im Herbst, und das Wildmandli hatte die Lehkuh noch nicht zurückgebracht; das Ehepaar dachte, sie sei für sie verloren. Endlich, als sie eines Tages in ihrer Matte arbeiteten, sahen sie das Männchen mit der Kuh durch die blanken Felsen herabkommen. »E, lüeg da«, sagte der Bauer zur Frau, »äs chunnt doch wieder mit yserm Wysshori.« Kaum gesagt, fiel die Kuh den Felsen hinunter zu Tode. Das Wildmandli kam nun allein zu dem Bäuerlein und sagte, weil er den Namen der Kuh ausgesprochen, sei sie gestürzt. Den Lehzins werden sie zwischen den Hörnern oder ich weiss nicht sicher, zwischen den Klauen finden. Als der Bauer das Chüehli untersuchte, fanden sie Körnlein, die aussahen wie Reiskörnchen, und die sie verächtlich wegwarfen bis auf eines, das aber entpuppte sich am nächsten Morgen als das reinste Gold. Vor Ärger und Gram entleibten sich die zwei Eheleute. Im nächsten Jahre kam das wilde Mandli wieder und fragte nach den Leuten, die ihm das letzte Jahr die Kuh zu Lehen gegeben. Von den Nachbarn vernahm es, dass sie sich entleibt. »Die einfältigen Leute«, meinte es, »die hätte ich hortreich gemacht; denen hätte ich alle Jahre einen herrlichen Lehzins gegeben, wenn ich von ihnen eine Kuh zu Lehen bekommen hätte.« Das sagte es in einem Spruch, den ich aber nicht weiss.

Karl Gisler

Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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