Das wilde Männlein von Safien

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

In Safien hinten im Tal, bei den Häusern, wie man es nennt, war einmal eine Frau am Käsen und hatte gerade den Kessel mit der Milch über dem Feuer und die Milch fing an heiss zu werden. Da flog plötzlich ein Lederkäpplein in die Küche herein. Sie trat unter die Haustür, um zu sehen, wer da sei, und siehe da, es sass ein wildes Männlein vor der Tür.

„Ei, liebe Frau“, hub das Männlein an, „gät mer doch äppas z'trinka, ich han an grusamma Durst und han noch wit hein und as kunt ananderanah as grusamms Wetter."

„Ach“, erwiderte die Frau, „du bist jez woll a gauchs (kurioses) Mannli, luag, z'Sunna schint a so wara und hüt kunt's gwüss niena ga regna, aber z'trinka willter ich scho gän, ich han grad z'Kessi über'm Für."

„So machet doch gschwint, liebe Frau, luaget, i muass gan."

Die Frau lachte vor sich hin und dachte, du bist mir der rechte Wetterprophet, es ist der ganze Himmel heiter; sie schöpfte Milch aus dem Kessel und brachte sie dem Männlein.

„Ei, guate Frau“, sagt jenes, „gät mer doch as grössers Gebsi, dass d'Milch gschwinter z'erkuala kunt, i ka sövel nit lang macha."

Die Frau willfahrte und lachte, als sie sah, wie das Männlein in grösster Eile die Milch in dem grössern Geschirr umschwenkte und hineinblies, damit sie schneller kalt werde und wie es dann die Milch so schnell als möglich trank.

„Du hast“, sagte sie, „an tolla Stäcka, mit dem kust scho fürwärts, aber dass es hüt leit Wetter gäbi, wurtist jez du, schäzzi, nit grad wissa, sus truffi's mir au no as wiavalo Heu iz'tua."

„Ja so machet nu geschwint“, sagte das Männlein, „sus kunt ich der Rega dri und jez sägi Dank, wenn's dermit usgricht't ist", und mit diesen Worten eilte es den Berg hinan und hätte in der Eile sogar sein Lederkäpplein vergessen, wenn die Frau es ihm nicht nachgeworfen hätte. Die Frau käsete fort, aber kaum waren einige Minuten verstrichen, da zog eine schwarze Gewitterwolke über das Gletscherbachhorn herein und es fing an zu blitzen und zu donnern und der Regen fiel in Strömen. Da kratzte sich die Frau hinter den Ohren, dass sie dem wilden Männlein nicht geglaubt und ihr Heu nicht eingetan hatte.

Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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