Schaflitaufi auf Sefinenalp

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Auf Sefinenalp sömmerten einst Hirten das Vieh, die waren gottsträfliche Lotterbuben. Sie pflegten das Unvernünftige schlecht, fügten ihm mit Willen Leid und Wehtat zu und lachten satanisch, wenn ein Haupt erfiel. Wege und Alp waren übel besorgt. An jedem Geigersonntag werkten sie rasch nur das Allernötigste und sprangen, wie der Heuschreck ins Wasser, Hals über Kopf ins Tal, wo sie die Geigen gehen hörten. Nur wenige stiegen am gleichen Tag zur Besorgung des Viehs wieder zu Berg. Die andern waren jeder ein Puuzaus, tranken weit über den Durst, und wurden die Hirten ob ihrem lästerlichen Tun zur Rede gestellt, dann sagten sie: "Wir nehmen grad noch eins, der Leib hat es verdient, der Leib muss es haben." Dann gaben sie dem Letzten in der Tanzstube den Bündel auf, bevor sie wieder in den verrufenen Boganggenstafel hinaufstiegen. Man sagte bald von diesem:

In Boganggen

tüejen si nid wan rieben un ranggen un fluochen un zanggen!

An einem schönen Sonntagmorgen waren die gottlosen Schlendriane oben auf dem hohen Läger wieder einmal alle ab der Kette, und aus lauter Teufelsucht beschlossen sie, ein Schafli über den Tauf zu tragen. Der Schweiger war der Pfarrer, einer der Hirten Götti, und den Werkmann verkleideten sie als Gotta. Die langen Strähnen des gelben Vollschaubes (faseriger Wisch zum Durchseihen der Milch) wurden zu schönen Flechten geflochten und der Schafli- gotten an den Rücken gehängt. Aber trotzdem die Sennen selbst mit der heiligen Taufhandlung Spott und Allotria trieben, wagten sie es doch nicht, die drei höchsten Namen anzurufen.

Die gelbbezopfte Gotta packte das zappelnde, blökende Schafli bei der Wolle, hielt es dem Schweigerpfarrer hin, der es in den Brunnentrog tauchte und laut über den im Morgensonnenglanz liegenden Stafel rief:

Ich taufe dich im Namen der Geissen,

Un Geissbänz sollt du heissen!

Amen.

Nach ihrem Ableben aber kamen diese wüsten Gäste nicht an ihre Ruhe, plagten auf allen Lägern, wo sie bei Lebzeiten so übel gehauset, das Vieh. Sommer für Sommer gingen wäger ein halbes Dutzend der besten Tiere über die Fluh oder wurden sonstwie abgängig.

Nachdem sich Älpler und Bauern bis aufs Blut gelitten, wurden sie einig, einen Kapuziner zu rufen, der die bösen Geister banne und die Alp von all dem Ungemach befreie.

Eben war wieder ein schönes Meischrind von einem Stein erschlagen worden, als der Klosterbruder kam. Er nahm aus seinem Zwilchsack drei Stricke, ging hinauf zum toten Rind, band die unsichtbaren, bösen Geister alle an, winkte einem Jungsenn, der ein gläubiger, gottesfürchtiger Bursch war. Er befahl ihm, weder zu reden, zu lachen, noch zu singen und mit seiner derben Küherpeitsche die Geister zu treiben. Der Kapuziner schleifte die Stricke hinter sich auf dem Alpboden nach. Der Älpler musste nach jeder Vaterunserlänge mit seiner Peitsche hinter den Strickenden auf den Boden schlagen. So kamen Jungsenn und Kapuziner über das Bründli und damit auch über die Grenzmarch der Sefinenalp.

Hier liess der Bruder die drei Stricke fallen und verbrannte sie auf dem selben Fleck. Die Asche streute er in den Wind und verbannte die Argen auf die andere Talseite hinauf in die ewigen Eiswüsten des wilden Rottals, wo sie kein Unheil mehr stiften können.

Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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