Der heilige Josef und der Schmied

Land: Schweiz
Kategorie: Zaubermärchen

Als der heilige Josef wegen der Verfolgung durch Herodes mit Maria und dem Jesuskind nach Ägypten fliehen musste, liess er einmal seinen Esel beschlagen. Da er kein Geld hatte, um den Schmied zu bezahlen, versprach er, ihm drei Wünsche zu erfüllen.

Dem Schmied war dies ganz recht, und er sagte: «Meinetwegen! Vor meinem Haus steht eine Bank. Da sitzen die Leute vom Dorf an den Sommerabenden, schwatzen, lachen und lärmen, so dass ich ganz verrückt werde. Mach, oh guter heiliger Josef, dass die Nachbarn nicht von der Bank weg können, solange ich es nicht will.» «Dies sei dir gewährt», sagte der heilige Josef, «aber ich denke, dass es wichtigere Dinge zum Wünschen gibt.» – Aber der Schmied liess sich durch diese Bemerkung nicht stören und fuhr fort: «Ich habe hier einen grossen und schönen Kirschbaum, der jedes Jahr voll schöner Früchte ist, aber ich bekomme davon nur wenige. Eine Horde von frechen Bengeln stiehlt sie Jahr für Jahr.Mach, du guter heiliger Josef, dass diese Diebe auf dem Kirschbaum bleiben müssen, bis ich ihnen den Arsch versohlen kann!» «Auch das geschehe», sagte der heilige Josef, «doch überleg es dir gut, bevor du den dritten Wunsch aussprichst!» «Oh ja», erwiderte der Schmied, «wenn du mir noch folgenden Wunsch erfüllst, bin ich glücklich. Mach, dass wer die Hand in diese Kiste mit alten Nägeln steckt, sie nicht wegziehen kann, bis ich ihm nicht beigebracht habe, was sich gehört!» – «Was du gewünscht hast, soll in Erfüllung gehen», sagte der heilige Josef, «doch wie blind bist du gewesen, dass du nichts für deine Seele gewünscht hast!»

Der Schmied hatte jedoch anderes im Sinn mit seinen Wünschen. Als er einmal tief im Dreck steckte, macht er einen Vertrag mit dem Bösen und versprach ihm seine Seele gegen eine Geldsumme. Sieben Jahre, die zwischen dem Schmied und dem Schwarzen abgemachte Zeit, waren um, und eines schönen Tages erschien der Teufel vor der Schmiede. Der Schmied behandelte ihn mit äusserster Höflichkeit und lud ihn ein, einen Augenblick auf der Bank Platz zu nehmen, er sei gleich parat. Nach ein paar Minuten war der Schmied beim Teufel zurück und sagte, er solle jetzt kommen, doch der konnte nicht von der Bank weg. Und der Schmied nahm seinen grossen Hammer und verhaute den armen Teufel, bis der so flach wie ein Fladen war. Und der Teufel flehte den Schmied an aufzuhören, er wolle nochmals sieben Jahre warten. Da liess der Schmied ihn laufen.

Nach sieben Jahren kam der Teufel wieder. Diesmal lockte der Schmied ihn auf den Kirschbaum, da es so heiss sei, solle er ein paar Kirschen essen, inzwischen mache er seine Arbeit fertig und komme. Der Schwarze wurde so zum zweiten Mal hereingelegt. Unter dem Hagel von Schlägen, die auf seinen Kopf prasselten, versprach er dem Schmied, nochmals sieben Jahre zu warten.

Auch die waren jetzt vorbei. Da erschien der Teufel und sagte laut, diesmal lasse er sich nicht aus der Schmiede locken.

«Gut, so wollen wir umso schneller weggehen», meinte der Schmied. «Gib mir schnell zwölf Nägel, damit ich sie noch in dieses Rad einschlagen kann!» Der Teufel steckte schnell seine Hand in die Kiste, aber er kam nicht mehr heraus. Da verdrosch der Schmied ihn so lange, bis er bettelte, doch endlich aufzuhören, er wolle verschwinden und nie wieder kommen.

Nach einigen Jahren starb der Schmied, da machte er sich auf den Weg und kam vors Himmelstor. Dort klopfte er an. Als der heilige Petrus fragte, wer klopfe, schrie er: «Der ist da, welcher den Esel des heiligen Josef beschlagen hat!» Doch der heilige Josef schrie zurück, er habe sich ja nicht den Himmel gewünscht, und ein Leben habe er geführt, welches die himmlische Seligkeit nicht verdiene, er solle bloss abhauen.

Da ging der Schmied vor die Tore der Hölle und klopfte an. Doch der Böse, der von ihm so übel zugerichtet worden war, jagte den Schmied in Angst und Eile weg und sagte, so einen gefährlichen Kerl könne er in seinem Reich nicht dulden.

Da ging der Schmied wieder zum Himmel zurück und sagte vertraulich zum heiligen Petrus, er heisse ja gleich wie er, und darum solle er ihm doch die Bitte erfüllen und das Tor nur einen Spalt öffnen, damit er einen Blick in den Himmel werfen könne. Kaum hatte der heilige Petrus das Tor ein wenig geöffnet, warf unser guter Schmied seine Mütze hinein, sprang darauf und rief: «Jetzt aber bin ich auf meinem Boden!»

 

Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2002. © Ursula Brunold-Bigler.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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