Zwölf Jahre auf der Kantonsschule

Land: Schweiz
Kategorie: Schwank

Es gab einen, der war zwölf Jahre auf der Kantonsschule gewesen. Als er gescheit genug war, kam er nach Hause. Als Markt war, ging er hin. Seine Mutter sagte, er solle Nadeln kaufen.

Er ging hin und kaufte Nadeln. Auf dem Rückweg sah er einen Strohballen und steckte die Nadeln ins Stroh. - Er war zwölf Jahre auf der Kantonsschule gewesen. - Zuhause fragte die Mutter, wo er die Nadeln habe. Er sagte ihr wo. «Bist du doch ein Schlaumeier, du hättest sie doch an den Hut stecken sollen.» Er erwiderte: «Das nächste Mal weiss ich, was tun.»

Er ging nochmals auf den Markt, kaufte eine Heugabel und steckte sie an den Hut. Als er nach Hause kam, war der Hut futsch. Die Mutter schüttelte den Kopf und sagte: «Konntest du die Gabel denn nicht an einem Stiel auf dem Rücken tragen?» - Er war zwölf Jahre auf der Kantonsschule gewesen.

Das nächste Mal ging er und kaufte ein Schwein. Dann stiess er ihm einen Stock in den Arsch und trug es auf dem Rücken. Als er nach Hause kam, war das Schwein tot. «Aber konntest du es denn nicht an einen Fuss binden und es vorangehen lassen?» sagte die Mutter. Er sagte: «Das nächste Mal weiss ich, was tun.» - Er war zwölf Jahre auf der Kantonsschule gewesen.

Dann ging er und kaufte einen Kochtopf mit Füssen und band den Strick um einen Fuss. Aber der Kochtopf marschierte nicht voraus, er musste ihn nachziehen und kam nur mit dem Fuss nach Hause. Die Mutter sagte: «Dich kann ich nicht mehr auf den Markt lassen, jetzt gehe ich, und du bleibst hier und haushaltest.»

Als sie weg war, ging er hinunter und stand mit dem Rücken gegen das Haus, um zu "haushalten". - Er war zwölf Jahre auf der Kantonsschule gewesen.

Dann ging jemand vorüber und fragte ihn, was er hier mache. Er antwortet: «Nun, meine Mutter ist auf den Markt gegangen und hat mir gesagt, ich solle haushalten.»

Der Passant erwiderte: «Das ist aber nicht haushalten, du musst hinaufgehen, Butter einsieden und Wein trinken.»

Er ging hinauf und stellte den Butterhafen aufs Feuer. Dann kam er auf den Gedanken, hinunterzugehen und Wein zu trinken. Er stieg in den Keller und trank Wein. Dort fiel ihm ein, dass die Butter überlaufen könnte. Er rannte hinauf in die Küche, vergass aber in der Eile, den Fasshahnen zu schliessen. Als er in der Küche anlangte, war die Butter übergelaufen. Er denkt an das Fass und rennt schnell in den Keller zurück. Der ganze Wein ist ausgelaufen. Er packte rasch ein paar Säcke Mehl und schüttete es auf den Wein. Was für ein Geschmier!

Er war zwölf Jahre auf der Kantonsschule gewesen.

(Schams)

 

Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.  

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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