Die Pest in Ernen

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Der schwarze Tod kam aus Binn heraus. Westlich von Ernen fliesst noch heute "ds Tootubrunschi" (Totenbrunnen). Es hat seinen Namen seit der Pestzeit. Hier nämlich stellte sich der schwarze Tod auf und rief mit schrecklicher, in jedes Haus eindringender Stimme: «Pimpernella und baats (geröstetes) Brot, und suscht bischt am Morgu toot!»

Von hier aus sprang der Schwarze Tod mit einem einzigen Schritt auf den Hügel mitten im Ernerfeld, dem wir noch heute Totenhubel sagen. Dort schrie er zum zweiten Male: «Pimperpernella und baats Brot, und suscht bischt am Morgu toot!» Schliesslich sprang er auf das erste Haus in Niederernen. Dort begann die Krankheit und raffte viele Leute in kurzer Zeit dahin. Nur wer Pimpernella und geröstetes Brot genommen hatte, blieb verschont.

Ein Mann aus Ernen wollte dem Tode entfliehen und begab sich ins Rappental in die Alpe Ripei, etwa drei Stunden entfernt. Hier wartete er.

Der Rat von Ernen besprach einst bis spät in die Nacht die grosse Not. Da hörte er die Stimme des "Toten" aus dem Ernerwalde heruntertönen: «Ich gehe nicht aus Ernen weg, bis das Männchen im Ripei heraus ist!» Sofort rafften sich die Männer auf, im Rappental den Versteckten zu suchen. Der hörte sie kommen und verbarg sich in einer andern Hütte.

Am folgenden Tage sprang eine kleine Katze vor sein Fenster, schrie und miaute, bis er sie einliess. Das Kätzlein setzte sich ihm sofort auf die Schulter und flüsterte ihm ins Ohr: «Ripeimannli, jetz is Zit!» Darauf verschwand es und ward nicht mehr gesehen. Der Mann verstand sogleich, kehrte zurück nach Ernen, wurde krank und starb. Nach ihm hörte die Pest auf.

Dieser Mann soll der Landeshauptmann Michael Tschampen von Niederernen gewesen sein (gestorben 1489).

 

Als in Ernen die Pest wütete, durfte man die Totenglocke nicht mehr läuten, um die Leute nicht noch mehr zu ängstigen; und die Toten durften nicht durch die Burgschaft, sondern nur auf Umwegen zum Friedhof getragen werden. Der Sigrist hatte soviel zu tun, dass ihn die Leute nicht mit Geld, sondern nur mehr mit Naturalien bezahlten, etwa mit Leintüchern. Solche leinene Tücher habe er am Schluss ganze Klafter hoch gehabt.

ERNEN

Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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