Das Dorf auf der Theodul-Ebene

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Der St. Theodul ist wohl der höchste Bergpass unserer Schweiz, wo im Sommer während ein paar Monaten eine bewohnte Schutzhütte steht, die den Reisenden Labung und Stärkung bietet. Vor noch wenigen Jahren war derselbe oft mit Maultieren befahren, weil man viel Wein und anderes Getreide von Aosta abholte. Jetzt ist derselbe noch gangbar den Kühen, Rindern, Schafen, Ziegen und im Notfalle noch den Maultieren. Dieser hohe Pass, der sich 10,667 Fuss übers Meer erhebt, wird besonders im Sommer von den Touristen, und zwar bei gutem Wetter leicht und meistens gefahrlos überschritten. Bevor man die Theodulshöhe erreicht, welche die Grenzscheide ist zwischen Piemont und der Schweiz, muss eine weite Ebene passiert werden, die seit Menschengedenken mit Schnee bedeckt ist. In dieser Ebene soll vor vielen hundert Jahren ein Dorf gestanden sein, das wegen seiner Grösse und Volksmenge einer kleinen Stadt nahe kam. Wenn es vor Jahrhunderten Zeiten gegeben, in denen ein so zahmes Klima herrschte, dass kaum die höchsten Bergspitzen mit Gletscherfirnen bedeckt waren, so könnte diese Sage nicht aller Wahrscheinlichkeit entbehren, denn Raum wäre in dieser Ebene hinlänglich gewesen. Es trafen aber kältere Jahrhunderte ein und das Bleiben war für diese hohen Bergbewohner immer schwieriger. In einem Jahre fing es schon frühe im Herbst heftig zu schneien an, der Wind spielte im Schneegestöber und fühlbare ungewöhnliche Kälte stellte sich ein. Da soll ein hochbetagter blinder Greis, der hinter dem Ofen sass, gefragt haben, ob die Farbe der ungeheuren Schneemasse weiss oder wie bis dahin noch rötlich wäre. Als erwidert wurde, der Schnee sei weiss, sagte er: «Nun ist für uns hier kein Bleiben mehr, es ist an der Zeit, diese Hochalpe zu verlassen und zahmere Gegenden aufzusuchen.» Er hatte wahr geredet, denn der Schnee schmolz nie mehr und wurde zum Gletscher.

(erzählt von Herrn Kaplan Mooser in Zermatt)

 

Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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