Es war einmal ein Fuchs, der hatte grossen Hunger. Er lief im Wald herum und suchte nach einer guten Beute. Da sah er auf einem Baum ein Rebhuhn sitzen. Kaum sah das Rebhuhn den Fuchs, stiess es einen erschrockenen Schrei aus: «Tschicktatschak!»
Der Fuchs setzte sich unter den Baum, schaute das Rebhuhn an und sagte. «Du kannst aber schön singen. Ich glaube, du singst mit den Augen und nicht mit dem Schnabel.»
Das Rebhuhn schüttelte den Kopf. «Aber nein, ich singe mit dem Schnabel!»
«Das glaube ich dir nicht, ich bin sicher, du singst mit den Augen. Am besten kommst du herunter, dann kann ich dir die Augen zuhalten und weiss, dass du wirklich mit dem Schnabel singst.»
«Das mache ich nicht!», rief das Rebhuhn, «du frisst mich doch bestimmt!»
«Aber nein», sagte der Fuchs. Weisst du denn nicht, dass ich schon vor einem Jahr geschworen habe, keine Rebhühner mehr zur fressen?»
Der Fuchs schaute das Rebhuhn so freundlich an, dass es vom Baum herunterflog. Aber kaum hatten seine Füsse den Boden berührt, da packte er es und sagte: «Du bist ja so dumm und glaubst mir jedes Wort! Jetzt fresse ich dich!»
«Warte!», rief das Rebhuhn. «Ich will dir ein Geheimnis verraten. Bevor du mich frisst, musst du beten, dann wird mein Fleisch für ein ganzes Jahr reichen.»
«Für ein ganzes Jahr’», fragte der Fuchs und weil er sehr hungrig war, setzte er sich hin, schloss die Augen und begann zu beten: «Bism'illahi 'rrahmâni, 'rrahîm …», in diesem Moment entwischte das Rebhuhn und flog rasch wieder auf den Baum.
«Du bist ja so dumm und glaubst mir jedes Wort!», rief das Rebhuhn lachend.
Der Fuchs ärgerte sich sehr, er legte sich auf den Boden und tat so als wäre er krank. «Siehst du nicht, wie schlecht es mir geht. Bitte komm herunter und hilf mir», sagte er.
Doch da hörte man Lärm im Wald. «Da kommt schon jemand und wird dir helfen», rief das Rebhuhn.
In diesem Augenblick kamen Jäger, sahen den Fuchs und jagten ihm hinterher. Dieser rannte so schnell er konnte fort. Wer weiss, ob er den Jägern entkam. Das Rebhuhn aber flatterte zufrieden davon.
Tschetschenisches Märchen, Fassung Djamila Jaenike, nach: A. Dirr, Kaukasische Märchen, Jena 1922