"Ganz Ohr" - Märchen- und Sagenwelt Ballenberg

Unter dem Motto "Ganz Ohr" kann man im Freilichtmuseum Ballenberg täglich in die regionale Sagen- und Märchenwelt eintauchen. Was hat es mit den drei goldenen Schlüsseln auf sich, wer wohnt im Marmilchloch, und warum hatte die Nidelgret immer mehr Rahm als alle anderen, obwohl sie nur eine Kuh besass? Die Antworten auf diese Fragen können im Freilichtmuseum Ballenberg erlauscht werden. Siebzehn spannende Märchen und Sagen aus verschiedenen Regionen der Schweiz, jeweils in der entsprechenden Mundart erzählt, wollen auf dem Ballenberg entdeckt werden. Die QR-Codes, die zu den Geschichten führen, befinden sich jeweils in einem historischen Gebäude ihrer Herkunftsregion. Wo könnte sich das geschnitzte Märchenbuch verstecken? Am Küchentisch, in der Stube oder vielleicht auf dem Nachttisch im Schlafzimmer? Wer findet es zuerst? Nicht zuletzt ist es auch die Faszination der Dialekte, ob Urner-, Sensler-, Wallisermundart oder italienisch, französisch und romanisch - die Vielfalt ist immer wieder überraschend. Weitere Informationen finden Sie in der Infobroschüre (deutsch/französisch). Beitrag in der Schweizer Familie. Das Freilichtmuseum Ballenberg ist Träger vom Schweizer MärchenpreisPodcast zum Thema: Land der Märchen und Sagen.

Termine für die Märchensonntage 2024 im Freilichtmuseum Ballenberg

 Weitere Sagen aus dem Schweizer Märchenschatz finden Sie  hier.


 Östliches Mittelland

Das schneeweisse Steinchen
Erzählt in Zürcher Dialekt von der Erzählerin Dorothe Benham. Zu hören im Weinbauernhaus aus Richterswil.

Interessant zu wissen:
Manche sagen, dass man so ein wundersames Steinchen nur im Nest von einem Zeisig findet. Sicher aber ist, dass der Glaube an Zauberkräfte noch sehr verbreitet war. Dieses Märchen stammt aus der Sammlung von Otto Sutermeister, der, dem Beispiel der berühmten Brüder Grimm folgend, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz zusammengestellt hat.

 

Der Teufel und der Bauer
Erzählt in Thurgauer Mundart von der Erzählerin Rahel Ilg. Zu hören im Bauernhaus aus Uessslingen.

Interessant zu wissen
Der Obstanbau im Thurgau ist so bekannt, dass sich gar der Begriff Mostindien etabliert hat. Im Frühling verwandelt sich die Landschaft in ein blühendes Paradies. Die Kunst bei der Herstellung vom sauren Apfelwein, dem Most, ist die richtige Gärung im Fass, das nicht ganz geschlossen werden darf, damit Gase entweichen. Wird der Most im Herbst angesetzt, ist er an Weihnachten ausgegoren.

 

Die Alraune
Erzählt in Schaffhauser Mundart von der Erzählerin Annette Gallmann. Zu hören in der Trotte aus Schaffhausen.

Interessant zu wissen
Die Alraune (Mandragora officinarum) ist ein giftiges Nachtschattengewächs. Ihre wundersamen Wirkungen werden in einigen Sagen beschrieben. Sie sollte unsichtbar machen, auf alle Fragen Antworten geben und Reichtum bescheren. Da die Alraune als Zaubergewächs galt, wurde ihr Name nur ungerne ausgesprochen, lieber nannte man sie eine Kröte, doch das in der Sage genannte Kämmen und mit Wein Waschen, bezog sich natürlich auf die menschenähnlich geformte Wurzel.

 

 Wallis

Die weissen Vögel vom Arpsee
Erzählt in Walliser Mundart von der Erzählerin Luciana Brusa. Zu hören im Wohnhaus Blatten.

Interessant zu wissen
Den Arpsee sucht man im Wallis vergebens, das haben bereits die Märchenforscher festgestellt, als die Geschichte zum ersten Mal veröffentlicht wurde. Vielleicht beruht der Fehler aber auf fehlendem Sprachverständnis, denn im Oberwallis gibt es den Arbsee. Er liegt auf der Alp Fesel auf rund 2300 Metern. Die drei genannten Wildkräuter sind im Wallis verbreitet.

 

Die alte Schmidja
Erzählt in Walliser Mundart von der Erzählerin Luciana Brusa. Zu hören in der Kapelle aus Turtig

​​​​​Interessant zu wissen:
Die Zeit zwischen dem Betglockenläuten am Abend und am frühen Morgen war den Geistern der Verstorbenen, den armen Seelen, vorbehalten. Vor allem Kinder sollten nicht nach dem Betenläuten das Haus verlassen. Bis heute zünden Menschen Kerzen an, um der Verstorbenen zu gedenken. In der Kapelle der armen Seelen im «Aletschji» auf der Belalp hängt ein Bild der alten Schmidja, wie sie den Faden spinnt und an den Wänden erinnern Bilder an Verstorbene. «Schoch!», ist ein alter Ausdruck, der so viel sagt wie: «Mich friert».

 

Berner Mittelland

Die Zwerge im Seeland
Erzählt in Berner Mundart von der Erzählerin Heidi Bracher. Zu hören im Taglöhnerhaus aus Detligen.
Interessant zu wissen
Das Seeland war bis zu den beiden grossen Juragewässerkorrekturen eine grosse Moorlandschaft, die von Überschwemmungen geprägt war. Die armen Leute, wie die Taglöhner, lebten am Rand der Sumpfgebiete und waren oft von Krankheiten geplagt. Viele Männer arbeiteten als Flösser und lebten von der Hand in den Mund, weshalb, wie hier in der Sage, auch das Geld für eine Hebamme fehlte. Das erwähnte Fürtuch, die Schürze, war nicht aus dem Alltag wegzudenken und gehört auch zur Tracht, wie man auf den Bildern des berühmten Seeländer Malers, Albert Anker, sehen kann. 

 

Die Käseprobe
​​​​Erzählt in Berner Mundart  von der Erzählerin Helene Pulfer. Zu hören im Haus in Eggiwil (BE).

Interessant zu wissen
Diese Geschichte stammt aus der ersten Märchensammlung der Schweiz. Sie fand unter dem Titel "Die Brautprobe" ihren Weg in die weltberühmte Sammlung der Brüder Grimm. 450 Käsesorten werden in der Schweiz hergestellt, der Emmentaler ist dabei Exportschlager. Rund um den Emmentaler gibt es bei Jeremias Gotthelf auch Einiges in "Die Käserei in der Vehfreude" zu lesen.

 

Tessin

Das Wunder mit den Kastanien /Ul miracul cur i casctegn 
Erzählt im Tessiner Mundart aus dem Bleniotal von der Erzählerin Sara de Giorgi. Zu hören bei den Wohnhäusern aus Cugnasco.
Interessant zu wissen
Die Esskastanie galt als Brot der Armen und sicherte den Menschen das Überleben im Winter. Das Motiv der Suppe aus Steinen ist auch in anderen Erzählungen bekannt. Meist gibt jeder, mehr oder weniger freiwillig, etwas zur Steinsuppe dazu, so dass am Ende eine stärkende Mahlzeit entsteht. Trotz der himmlischen Hilfe in dieser Sage, mahnt sie an die Mildtätigkeit, damit man die Notleidenden nicht vergisst.

 

Verspotte nicht die Tiere der Nacht /Non deridere gli animali della notte
Erzählt auf Italienisch von der Erzählerin Carmela Saputelli. Zu hören im Wohnhaus aus Cugnasco.

 

 

 

 Zentralschweiz

Die Nidelgret
Erzählt in Urner Mundart von der Erzählerin Sonja Riedi. Zu hören im Wohnhaus aus Erstfeld.​​​​​​
Interessant zu wissen 
Rund um die Alpwirtschaft wurden seit jeher Geschichten über Hexen, Geister und arme Seelen erzählt. Auch die Urner lauschten gerne solchen Sagen und erzählten sie weiter. Der Spitalseelsorger Josef Müller begann 1910 mit seiner Sammlung von Urner Sagen. Die Nidelgret ist eine von hunderten aus seiner Sammlung. Der Urnerboden ist übrigens die gr sse Kuhalp der Schweiz.

 

Berner Oberland/Alpwirtschaft

Ein Zwerglein fragt für eine Winterkuh
Erzählt in Berner Mundart von der Erzählerin Denise Murer. Zu hören im Wohnhaus aus Brienz.​​​​​​
Interessant zu wissen:
Muttnere, der Alpen-Liebstöckel (Ligusticum mutellina), und Adelgras, der Alpenwegerich (Plantago alpina), gehören zusammen mit anderen Wildpflanzen zu den klassischen Milchweidekräutern. Das Mutschli ist ein kleiner runder Käse, der traditionell auf den Alpbetrieben hergestellt wird und vor allem für den Hausgebrauch in der Sennerei gedacht war, weshalb der Älpler das Käslein wohl auch ohne Nachzudenken zum Zvieri aufgestellt hat.

 

 

Jakobs Glückstraum
Erzählt in Berner Mundart  von der Erzählerin Edith Bratschi. Zu hören im Bauernhaus aus Bonderlen/Adelboden.​​​​​​
Interessant zu wissen
Das Motiv mit dem Traum vom Schatz auf der Brücke ist weit verbreitet, sowohl in den verschiedenen Regionen der Schweiz, wie auch in weiten Teilen der Welt. Paulo Coehlo hat das Thema in seinem Roman "Der Alchimist" bearbeitet. Lange war die Sinnebrücke in Thun einer der wenigen, auch mit Pferdekarren befahrbaren, Aareübergänge. Unter napoleonischer Herrschaft war Thun die Hauptstadt des nur kurze Zeit bestehenden Kantons "Berner Oberland". Mag sein, dass der Schatz zu jener Zeit unter dem Herd versteckt wurde, als die Soldaten durch das Land zogen.

 

Jura

Das Fröschlein mit dem roten Collier / La fôle de la petite grenouille au collier rouge
Erzählt in jurassischem Französisch von der Erzählerin Raymonde Froidevaux. Zu hören im Bauernhaus aus La Recorne.​​​​​​
Interessant zu wissen
Bevor die Flüsse kanalisiert wurden, waren Frösche in den zahlreichen feuchten Randgebieten überall verbreitet und, neben den Fischen, eine willkommene Erweiterung auf dem Speiseplan. Vielleicht bestand das Collier des Fröschleins aus Amethyst-Chalcedon, der im Jura gefunden wird und einen violett-rosa Farbton hat. Die alte Schneiderin, die das Märchen um 1900 noch erzählt hat, liess den jungen Helden sowohl im nahen Frankreich wie auch in der Deutschschweiz lernen und wurde so auch den wenigen deutschsprachigen Dorfbewohnern gerecht.

 

Die Erdwybli im Marmilchloch
Erzählt in Basler Mundart  von der Erzählerin Ines Henner. Zu hören im Bauernhaus aus Therwil.​​​​​​
Interessant zu wissen 
In den Volkserzählungen tauchen verschiedene Andersweltfiguren auf. In der Schweiz sind es besonders kleine Gestalten,  ob Bergmännlein oder, wie hier, Erdweiblein, die meist hilfreich sind. Oft verfügen sie über zauberische Kräfte und ihre Füsse sind anders als jene der Menschen. Wird ihre Andersartigkeit entdeckt oder schenkt man ihnen etwas, so verschwinden sie für immer.

 

Westschweiz 

Die Farnsamen 
Erzählt in Sensler Mundart  von der Erzählerin Rita Riedo. Zu hören im Bauernhaus aus Tentlingen.
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Interessant zu wissen 
Da beim Farn keine offensichtlichen Blüten vorhanden sind, ranken sich viele Sagen und phantasievolle Vorstellungen um diese Pflanze, und das Sammeln der Samen wurde im 17. Jahrhundert sogar verboten. Sie sollten unsichtbar und reich machen, meist aber musste man sich dafür dem Teufel verschreiben. Erst später wurde die Vermehrung durch die Sporen entdeckt. Bis dahin aber machten sich viele auf die Suche nach den reichmachenden Farnsamen.

 

Gargantua's Badewanne /La baignoire de Gargantua
Erzählt in Genfer Mundart  vom Erzähler Steve Barrot. Zu hören im Bauernhaus aus Lancy.​​​​​​
Interessant zu wissen
Die Rhone hat ihren Ursprung im Rhonegletscher im Oberwallis. In Genf  stösst sie mit der Arve zusammen, so dass das Wasser eine Zeitlang zwei verschiedene Farben aufweist. Der Riese Gargantua spielt im Romanzyklus von François Rabelais (16. Jhd.) eine wichtige Rolle und einige Menhire wurden nach ihm benannt.

 

Graubünden

Die drei goldenen Schlüssel /Las treis clavs d'aur
Erzählt in Bündner Mundart und auf Romanisch von der Erzählerin Sandra Greta Blum. Zu hören in der Sennhütte von Val Müstair.Interessant zu wissen
Die Armut führte auch in Graubünden oft dazu, dass die Kinder bereits im Jugendalter in die Welt hinaus zogen, weil sie in den kinderreichen Familien nicht mehr alle ernähren werden konnten. Dieses Märchen wurde in der Surselva erzählt, gesammelt von Caspar Decurtins, der sich mit der Herausgabe der 13-bändigen «Rätoromanischen Chrestomathie», für die Erzählkultur und Sprache Graubündens einsetzte. Seit 1938 gilt romanisch als vierte Landessprache der Schweiz. Das Motiv der verbotenen Kammer kommt in Märchen relativ häufig vor. Nur selten schafft es einer der Helden, wie in dieser Geschichte, der Versuchung sie zu öffnen, zu widerstehen.

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