Der nicht zu erwartende Reisende
In Basra lebte einmal ein Mann, der wollte sein Glück suchen. Er ging immer nach Norden, und so kam er bald in die Wüste. Der Weg war lang, es war heiss und sein Durst war gross. Vor ihm war Wüste, hinter ihm war Wüste und nirgendwo ein wenig Wasser. Da sah er auf einmal eine Staubwolke, und bald erkannte er einen Reiter, der ritt so schnell, wie ein Vogel durch die Luft fliegt. Er war so froh, einen Menschen zu sehen, dass er dem Reiter zurief und ihn herbei winkte. Der Reiter ritt auf ihn zu, und das Pferd hielt vor ihm. „Bitte, kannst du mich auf deinem Pferd mit nach Norden nehmen. Weisst du, ich bin auf der Suche nach dem Glück, aber rund um mich ist nur Wüste. Ich bin müde und durstig und habe keine Kraft mehr.“
„Gerne nehme ich dich mit“, sagte der Reiter. „Doch du musst wissen, ich bin der Tod.“
Als der Mann dies hörte, erschrak er. Er sprang auf, wich zurück und rief: „Der Tod? Nein, dann reite alleine weiter und lass mich in Ruhe!“
„Wie du willst. Aber denk daran, du hattest mich zu dir gerufen.“ Schon ritt er auf dem Pferd schnell wie ein Vogel davon, nur eine Staubwolke war noch zu sehen. Der Mann aber ging nun zitternd und durstig weiter durch die Wüste. Es gab keinen Schatten, und die Sonne brannte glühend heiss. Seine Schritte wurden langsamer, schwerer und kürzer, bis er gegen Abend erschöpft in den Sand fiel. Im letzten Licht der Sonne sah der Mann einen Reiter auf einem blitzschnellen Pferd, der näher kam. Doch er war zu schwach, um zu rufen, so hob er nur leise die Hand. Der Reiter hielt das Pferd an und kam zu ihm.Er legte ihm die Hand auf die Augen und sagte: „Komm, nun kannst du Frieden finden“. Und als er ihn auf das Pferd hob und mit ihm davonritt, schien es dem Mann, als wäre er nie glücklicher gewesen.
Fassung Djamila Jaenike, nach: C. Hassan. N. A. Mustafa, Aku Maku. 42 irakische Märchen, Hanau 2014, © Mutabor Märchenstiftung